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  rate der Wellen durch die Haut deutlich erhöhen“. Laut Inter- Environnement Bruxelles würde der (laufende) Entwurf eines neuen Gesetzes über Schutzstandards durch die regionalen Behörden, wenn es in seiner jetzigen Form verabschiedet würde, dazu führen, dass der Schutz der Bürger vor der Mobiltelefonie im Vergleich zur 4G zunächst sechs und – seit dem Gesetz von 2014 – 23 Mal niedriger sein würde. Wenn dies stimmt, müssten Menschen mit Elektrosensibilität sich künftig auf ein leidvolles Leben einstellen.
 Rohstoffe: eine massive  Verschwendung
Die Einführung von 5G wird die Verschrottung unserer teuren Smartphones und all der bereits miteinander verbundenen Geräte bedeuten. Dabei stammen die verwendeten seltenen Erden wie Germanium oder Kobalt aus Bergbaubetrieben, die Sozial- und Umweltstandards missachten, einschließlich des Ver- bots von Kinder- und Jugendarbeit.
„Grund genug, die glänzende Zukunft, die uns hier verkauft wird, in Zweifel zu ziehen“, sagt die Vereinigung Ecoconso, die zudem einen exponentiellen Anstieg der Anzahl der Batterien voraussagt, die hergestellt und natürlich entsorgt werden müs- sen4.
Aber der Kauf der Geräte der neuen Generation wird nur der erste Schritt sein, dem schnell die Konsequenzen, die durch die Nutzung dieser Endgeräte entstehen, folgen werden: Die schwindelerregende Zunahme der aufgrund von 5G ausge- tauschten Datenmengen wird insbesondere zu einer Ver- vielfachung der Rechenzentren führen, wobei diese Speicher- zentren, die mit großen Kühl- und Lüftungsanlagen arbeiten, allesamt Energiefresser sind.
© Shutterstock / Monika Wisniewska

Als Proximus Anfang April seine 4G-Anlagen versuchsweise auf das 5G-Niveau hochschraubte, hatte das Unternehmen die Bür- germeister der 30 betroffenen Gemeinden vermutlich im Vor- feld informiert. Dies allerdings ohne die explizite Erwähnung von 5G, weil den Verantwortlichen wahrscheinlich sehr wohl bewusst war, dass es in der Bevölkerung Ängste weckt und Miss- trauen schürt, wenn die Menschen den neuartigen 5G-Wellen ausgesetzt sind.
Ein weiteres Zeichen dafür, dass der Sektor weiß, dass er sich auf dünnem Eis befindet: Als das belgische Institut für Post- und Telekommunikationsdienste (BIPT, die „Regulierungspolizei“ des Sektors) seine öffentliche Befragung über die für 5G benötigten Frequenzen eröffnete (sie schloss am 21. April dieses Jahres), erschien die ausdrückliche Erwähnung von 5G nicht im Titel der Ankündigung der Konsultation, sondern nur in einem Anhang.
Viel beunruhigender jedoch ist folgende Enthüllung von Alter Echos5: Knapp zehn Tage, nachdem es einer verärgerten belgi- schen Bürgerin gelungen war, 105.000 Unterschriften gegen die 5G zu sammeln, verschwand ihre Petition auf mysteriöse Weise von der Website, auf der diese Protestaktion stattfand. Gestützt auf seine Untersuchung bedauert Alter Echos die „schwache Position von Bürgerinitiativen“ gegenüber einem solchen Pro- jekt, das für Unternehmen, aber auch für den Staat, attraktiv ist. Denn langfristig werden die für 5G benötigten Frequenzen durch den Staat meistbietend vergeben.

Transparenz: seltsame Vorgänge...
Ethik: alles Roboter?
Philosophen und Juristen, um nur einige zu nennen, stellen die Bedeutung des durch 5G weiter verstärkten „Immer-schneller- immer-mehr“-Prinzips infrage. Im Rahmen der Covid-19- Gesundheitskrise findet diese Hinterfragung ein besonderes Echo: Sollten wir nicht zu einer gewissen Genügsamkeit zurück- finden? Ist das zügellose Streben nach Profit angesichts der welt- weiten Notstände noch legitim? Mit 5G, so befürchten diese Denker, werden immer mehr automatisierte Entscheidungen in Mikrobruchteilen von Sekunden getroffen werden, was nicht wirklich zum Tempo des politischen Denkprozesses und der Ent- scheidungsfindung passt. Darüber hinaus wird uns die mit 5G verbundene digitale Revolution in Verbindung mit der zuneh- menden Algorithmisierung der Gesellschaft noch mehr der Macht der Giganten des Internets aussetze. Denjenigen, die „die Staaten ausschalten, indem sie massiv unsere Daten sammeln und sich direkt an den Kunden-Verbraucher-Bürger wenden“6.
Nach Ansicht des Philosophen Mark Hunyadi (UClouvain) „wird 5G unseren Komfort nicht wirklich steigern, sondern eher den Zugriff des Systems auf den Einzelnen. Es ist die Besonderheit der digitalen Welt, dass sie unter dem Vorwand unseres Wohl- ergehens und des Zugangs zu praktischen und freundlichen Hilfsmitteln in Wirklichkeit versucht, zu ihrem eigenen Nutzen Zugriff auf Daten zu erlangen“. Dies könnte einen weiteren Ein- schnitt in die Freiheit des Einzelnen verheißen.7
Quelle: Philippe Lamotte / En Marche
1 www.ariase.com
2  www.greenit.fr
3  www.grappebelgique.be
4  www.ecoconso.be
5  www.alterechos.be (10. April 2020)
6  www.bhct.eu (Workshop vom 16. November 2019) 7  www.imagine-magazine.com (Nr. 138)
miteinander
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  gesundheit










































































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