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 reichend sein, um die Selbstheilungskräfte zu aktivieren und die Symptome deutlich zu reduzieren. Sollte es dann noch nötig sein, werden die Inhalte der traumatischen Erlebnisse in den Gesprächen mit Hilfe spezialisierter Techniken bearbeitet. Diese Vorgehensweise der „Hilfe zur Selbsthilfe“ wird im BTZ auch bei vielen anderen Arten von Anfragen angewendet.
Für unsere Leser, die aufgrund von Covid-19 mit dem Verlust einer nahestehenden Person konfrontiert wurden: haben Sie Ratschläge betreffend der Trauer- und Traumabewälti- gung? Welche Folgen hat es für einen Menschen, der seine Verwandten nicht im Krankenhaus besuchen oder von Fami- lienmitgliedern Abschied nehmen darf? Was raten Sie betroffenen Personen?
Trauer ist eine natürliche Reaktion auf Verlust, insbesondere beim Tod geliebter Menschen. Corona kann jedoch traumati- sche Auswirkungen haben: durch plötzliche Krankenhausein- lieferung, Angst um den Kranken, Kontaktsperre und die Vor- stellung, dass der Angehörige vielleicht allein stirbt, keine oder nur eingeschränkte Möglichkeiten des Abschiednehmens, Sicherheitsabstand statt tröstender Nähe, Beerdigung im klei- nen Kreis, Verbot eines Totenkaffees... und alles viel schneller, als die Psyche es verarbeiten kann. Das Trauma überlagert dann die vertrauten Wege, die Trauer im Normalfall einschlagen kann.
Jede Situation ist anders, und jeder Mensch reagiert auf per- sönliche Weise. Allgemeine Ratschläge sind deshalb schwierig, doch nachfolgend vier mögliche Orientierungshilfen:
 Gemeinschaft und tröstliche Kontakte pflegen, auch aus der Ferne: mit Hilfe von Telefon und elektronischen Medien ver- bunden sein und Trauer teilen, den unterschiedlichen Gefühlen gemeinsam einen Platz geben;
 Die Würde des Verstorbenen pflegen durch den Austausch von Erinnerungen aus dem Leben mit ihm, den Ausdruck von Dankbarkeit über das, was bleibt, eine Foto-Ecke im Haus, eine Gedenkseite in den sozialen Medien etc.;
 Der Trauer einen Platz durch vertraute Symbole geben: Ker- zen, Blumen, Gebete und/oder Texte;
 Die Routine des Alltags einhalten und darin Halt und Struktur finden
Anstelle der Überrumpelung soll Zeit entstehen, in der die Seele „nachkommen“ und der Verstorbene wieder als „ganzer Mensch“ wahrgenommen werden kann. Das mobilisiert die Selbstheilungskräfte, und diese werden neue Wege finden, Belastung nach und nach in Dankbarkeit umzuwandeln.
© Shutterstock / Melinda Nagy
Manchmal sind die Selbstheilungskräfte jedoch mit der Situa- tion überfordert, weil der Schmerz zu groß, die Überrumpelung durch die Ereignisse zu plötzlich ist. Dann empfiehlt es sich, pro- fessionelle Hilfe zu suchen und anzunehmen.
Welche Schlüsse ziehen Sie aus den Ereignissen der vergan- genen Wochen und Monate?
Die Corona-Krise hat uns allen viele unfreiwillige Veränderun- gen unserer Gewohnheiten aufgezwungen, uns aber auch zu neuen Erfahrungen geführt: Home Office, Entschleunigung, Solidarität, bewussteres Einkaufen, verstärkte Kontaktpflege über elektronische Medien... Daraus entstehen neue Perspek- tiven und Herausforderungen. Es entsteht die Chance, bewus- ster zu leben, den Wert mancher Dinge und den Unwert anderer Dinge deutlicher zu erkennen. Es liegt an uns, diese Chance zu ergreifen.
Weitere Informationen 
Beratungs- und Therapiezentrum (BTZ)
 4700 Eupen, Vervierser Straße 14-16,  +32 (0)87 14 01 80
 4780 St. Vith, Vennbahnstraße 4/6,  +32 (0)80 65 00 65
 info@btzentrum.be
 www.btzentrum.be
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Hintergrund
Psy - Ihr Vorteil der psychologischen Beratung
Die Christliche Krankenkasse erstattet für psychologische Beratung bis zu 15 Euro pro Sitzung (pro Mitglied und höch- stens 180 Euro pro Jahr) bei Begleitung durch einen von der Komission der Psychologen anerkannten Leistungserbringer.
     
ckk-mc.be/psy
 MITEINANDER 3/2020 |5
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