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Gesucht: neues Zuhause Pflegefamilien bieten sicheren Hafen
Zu den wichtigsten Voraussetzungen für die gute Entwicklung eines Kindes gehört ohne Zweifel eine Familie, in der es sich geborgen fühlt. Doch für viele Kinder ist dies leider keine Selbst- verständlichkeit. Manche brauchen eine zweite oder eine neue Familie.
„Manche Eltern können ihren Kindern nicht das geben, was für eine gesunde Entwicklung nötig ist: Sicherheit, Geborgenheit, Fürsorge und Grenzen“, erklärt Michael Mertens vom Pflegefa- miliendienst (PFD) der Deutschsprachigen Gemeinschaft.
Warum können die Kinder nicht mehr in ihren Ursprungsfami- lien leben? Die Gründe sind ganz unterschiedlich. Das kann von einer kurzzeitigen Überforderung der Eltern über Vernachläs- sigung bis zu seelischer und körperlicher Misshandlung gehen. Deshalb gibt es verschiedene Formen der Pflegschaft:
 die Patenschaft zur gelegentlichen Unterstützung des Kin- des, z.B. am Wochenende;
 die Kurzzeitpflege während einiger Wochen oder Monate, wenn die leiblichen Eltern vorübergehend nicht für ihre Kin- der sorgen können, etwa in einer akuten Krisensituation oder bei einem geplanten Krankenhausaufenthalt;
 die Langzeitpflege, die bis zur Volljährigkeit des Kindes dau- ern kann.
Aktuell sucht der PFD insbesondere Paare und Familien, die län- gerfristig ein oder mehrere Kinder bei sich aufnehmen möchten. Die Kinder sind bei der Aufnahme meist zwischen 0 und 7 Jahre alt und haben wenig Perspektiven, zu ihren leiblichen Eltern zurückzukehren. Sie brauchen einen sicheren Hafen und Ver- trauenspersonen, die sie beim Großwerden begleiten.
Kinder in einer Langzeitpflege behalten in den meisten Fällen den Kontakt zu ihrer Herkunftsfamilie. Doch ihr Lebensmittel- punkt verlagert sich in die „neue“ Familie, inkl. Schule und Hob-
bys. Sie werden also mit der Zeit zu einem vollwertigen Mitglied der Pflegefamilie.
Die Kinder, für die ein zweites Zuhause gesucht wird, sind deutschsprachig und in einigen Fällen französischsprachig. Für letztere sind Pflegefamilien mit guten Französischkenntnissen natürlich von Vorteil.
Wenn Kinder von ihren leiblichen Eltern getrennt werden, kann die Beziehung zur Schwester oder zum Bruder besonderen Halt geben. Aus diesem Grund sucht der Pflegefamiliendienst auch Familien, die bereit sind, Geschwisterkinder aufzunehmen.
 PflegegeldundPflegeelternurlaub
Um einem Kind ein gutes Zuhause geben zu können, braucht es Liebe, Geduld, Zeit, Empathie und ein gewisses Organisati- onstalent. Erfahrung mit Kindern ist von Vorteil, aber keine Bedingung für die Pflegschaft.
Ein Pflegekind aufzunehmen kann besonders zu Beginn eine Herausforderung sein. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des PFD begleiten die Familien und die Kinder während der gesamten Dauer der Pflegschaft und stehen mit Rat und Tat zur Seite.
Vor der ersten Aufnahme werden die Pflegefamilien im Rahmen eines Vorbereitungsseminars an sechs Abenden und einem Wochenende geschult. Wenn die Familie bereits eigene Kinder hat, werden diese am Abschlusswochenende ebenfalls in die Vorbereitung einbezogen.
Pflegefamilien erhalten Pflegegeld für ihre Pflegekinder. Dieses Pflegegeld dient zur Deckung des Lebensunterhaltes der Pfle- gekinder und zur Deckung der alltäglichen Kosten und Anschaf-
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