Page 6 - Miteinander_3_2018
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miteinander
soziales
Krankenhausbehandlungen sind nicht kostenlos
Patienten haben ein Recht auf Vorab-Information
Die meisten von uns werden irgendwann, und sei es nur für kurze Zeit, im Krankenhaus behandelt. Krankenhausbehandlun- gen sind teuer und deshalb auch Gegenstand ständiger Budget- verhandlungen. Auf der einen Seite dürfen diese meist gemeinnützigen Einrichtungen keine roten Zahlen schreiben, auf der anderen Seite muss das Geld der Krankenkasse trotz sin- kender Einnahmen und immer neuen teuren Behandlungsver- fahren für alle reichen.
 Versteckte Privatisierung
Das Zauberwort heißt seit mindestens 25 Jahren immer wieder „Einsparungen“. Bei gleichbleibenden Erstattungen steigen aber die Patientenanteile. Irgendwann waren die Krankenkas- sen gezwungen, allen Versicherten eine persönliche Kranken- hausversicherung zu empfehlen, weil die gesetzliche Kranken- versicherung den finanziellen Anforderungen einfach nicht mehr gewachsen ist. Aber das ist eine Spirale ohne Ende, denn die privaten Krankenhausversicherungen und selbst die von den Krankenkassen angebotenen wahlfreien Versicherungen, die völlig auf Gewinn verzichten, stoßen an ihre Grenzen. Immer wieder müssen die Prämien angehoben werden, weil die Zuzah- lungen ins Unermessliche steigen.
 Verschleierung
Viele Krankenhäuser und Dienstleister halten sich deshalb im Vorfeld eher bedeckt, wenn die Patienten die Frage nach den Kosten stellen. Die häufigste Antwort ist immer, dass alles davon abhängt, ob alles glatt verläuft. Auch wenn der Vergleich hinkt, aber beim Kauf eines Autos wollen wir ja auch genau wissen, was auf uns zukommt. Der Christlichen Krankenkasse ist sehr wohl bewusst, dass es bei einer Behandlung im Krankenhaus unzählige Unabwägbarkeiten gibt, aber das sollte den Patienten nicht daran hindern, nachzufragen. Das ist sein Recht.
 Gesetz zur Förderung der Transparenz
Ab 2019 müssen alle Krankenhäuser (normalerweise) den Pati- enten eine Kostenschätzung für geläufige Behandlungen vorle- gen können. Viele Krankenhäuser bieten tatsächlich heute bereits ein Programm auf ihrer Website an, das eine Kostenschät- zung möglich macht. Aber die CKK geht einen Schritt weiter: Wir fordern die Einrichtung einer deutlich sichtbaren und gekennzeichneten Kontaktstelle in den Krankenhäusern, an die sich die Patienten mit ihren Fragen wenden können. Besser noch wäre eine systematische Aufklärung der Patienten bei der Ankunft, indem eine Art Versorgungsverlauf festgelegt wird.
 Schätzung
Egal ob im Rahmen einer persönlichen Information oder mithilfe eines Rechenprogramms: die Kostenrechnung wird stets nur eine Schätzung sein, aber das ist immer noch besser als die heutige totale Ungewissheit. Als Patient können Sie auch Ihren Arzt fra- gen. Für Sie als Patient ist es vor allem interessant, zu wissen, welche Kosten Sie unter dem Strich wirklich selbst zu tragen haben. Die CKK kann Ihnen sagen, welche dieser Zusatzkosten von der Krankenhausversicherung übernommen wird und wie Sie diese Zusatzkosten vermeiden können. Zu viele Patienten
entscheiden sich zu schnell und zu früh für bestimmte Leistun- gen, weil sie die Gewissheit haben, dass ihre Krankenhausver- sicherung ohnehin für die Kosten aufkommt. Das kann sich als trügerisch erweisen, denn nicht alle Zuzahlungen werden berücksichtigt. Die meisten davon wären vermeidbar, beispiels- weise durch etwas mehr Vorsicht bei der Zimmerwahl.

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Warum sind die Kosten im Einzelzimmer so hoch?
Das liegt an unserem Vergütungssystem: In Belgien bleibt der Krankenhausarzt in der Regel ein freiberuflicher Mitarbeiter des Krankenhauses, auch wenn er dort anderen Regeln unter- worfen ist, als in seiner privaten Praxis. Er rechnet also nach den geltenden Sätzen für stationäre Leistungen mit den Kassen ab, muss aber sämtliche Leistungen über die Krankenhausrechnung abrechnen. Grundsätzlich hat er sich dabei an den Tarif zu hal- ten, den die Krankenkasse erstattet, bzw. erlaubt. Allerdings gibt es eine Ausnahme: Wenn der Patient bei der Anmeldung auf eine Behandlung in einem Einzelzimmer besteht, braucht der Arzt sich nicht mehr an den Kassentarif zu halten. Er darf dann das Doppelte, ja gar das Dreifache des Grundtarifs in Rech- nung stellen, und zwar für jede einzelne Leistung. Alles hängt vom Arzt ab. Manchmal schieben die Krankenhäuser dieser Praxis einen Riegel vor, indem sie beispielsweise nur solche Ärzte beschäftigen, die ihre Forderungen mäßigen, z.B. maximal 150 oder 200% über Tarif. Es gibt aber auch Kliniken, in denen 400% an der Tagesordnung sind.
Hinzu kommen die fixen und deshalb berechenbaren Zimmer- kosten. Es ist schon logisch, dass ein Krankenhaus einen höheren Einzelzimmerpreis verlangt, genau wie ein Hotel. Aber hier sind die Tarife bekannt und in den seltensten Fällen übertrieben. Sehr zum Nachteil des Patienten sind die (stillschweigenden) Übereinkünfte zwischen Ärzten und Krankenhäusern, bei denen die Ärzte einen Teil ihrer übertariflichen Honorare an das Krankenhaus abtreten, nach dem Motto: „Wenn ihr am Ein- zelzimmer verdienen könnt, dann sollen wir auch etwas davon haben“. Und dieses System ist nicht ungesetzlich, ja letztlich sogar von der Politik gewollt: Die Krankenhäuser erschließen neue Einnahmequellen, die die öffentliche Hand auf Kosten der Patienten entlasten.
 Was können wir als Krankenkasse empfehlen?
Die CKK empfiehlt, genau hinzuschauen: In Krankenhäusern, die angeblich überhaupt nicht in der Lage sind, eine Kosten- schätzung vorzulegen, können wir den Patienten nur empfeh- len, niemals auf ein Einzelzimmer zu bestehen. Der Komfort- standard ist in der heutigen Zeit ein Zweibettzimmer, und hier sind die Kosten immer überschaubar.
Eine Krankenhausversicherung ist aber auch kein Luxus. Deshalb bietet die Christliche Krankenkasse auch gleich mehrere dieser Versicherungen an. Aber wie alle Versicherungen müssen diese wirtschaftlich arbeiten. Werden sie gnadenlos „ausgebeutet“ bedeutet das auf Dauer Anhebung der Prämien. Wir können das vermeiden, indem wir unser Anspruchsdenken etwas zügeln.


































































































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