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gesundheit
Nicht nur Frauensache
Migräne: der etwas andere Kopfschmerz
„Ich habe Kopfschmerzen“. Diese Aussage bezieht sich auf sehr unterschiedliche Realitäten. Am häufigsten sind dies Span- nungskopfschmerzen. Die schmerzhafteren Migräneanfälle haben spezifische Ursachen und Symptome.
Kopfschmerzen, aber noch mehr Migräne, beeinträchtigen die Lebensqualität und können eine häufige Ursache für Schul- oder Arbeitsausfälle sein. In vielen Fällen werden sie vernachlässigt und bei der Diagnose unterbewertet, als wären sie keine echte Krankheit. Es gibt Lösungen zur Schmerzlinderung sowie zur Verhinderung oder Begrenzung der Anzahl, Intensität und Dauer von Attacken.
 Kopfschmerz oder Migräne? 
Spannungskopfschmerzen sind nicht schwerwiegend, aber manchmal behindernd. Sie werden oft durch Muskelverspan- nungen, Müdigkeit, Überlastung oder schlechte Haltung bei der Arbeit verursacht. Der Migräneanfall hingegen verursacht star- ke Kopfschmerzen (4 bis 72 Stunden). Die Schmerzen treten oft lokal auf (z.B. auf einer Seite des Schädels oder um ein Auge herum), pochend, mit Schüben oder im Rhythmus des Herz- schlags pulsierend. Sie werden durch körperliche Anstrengung verschlimmert.
Migräne neigt dazu, sich zu wiederholen (einige Male im Jahr bis zu mehreren Tagen im Monat). Sie ist manchmal begleitet von Übelkeit und Erbrechen, Sehstörungen, erhöhter Licht-, Lärm- oder Geruchsempfindlichkeit, allgemeinen Beschwerden. Häufig ist es den Betroffenen nicht möglich, ihren täglichen Aufgaben nachzugehen. Trotz der manchmal beeindruckenden Nebenwirkungen ist Migräne nicht gefährlich.
 Was ist eine Migräne mit „Aura”?
In einigen Fällen geht der Migräne ein Warnzeichen, eine soge- nannte Aura, voraus. Der Migränepatient ist in der Regel in der Lage, sie sehr schnell zu erkennen. Dazu können Sehstörungen, Taubheitsgefühl oder undeutliche Sprache gehören.
 Welche Behandlung?
Bei starker Migräne sollte man sich möglichst an einem dunklen und ruhigen Ort ausruhen. Schmerzmittel sind die erste Reak- tion auf die Migräneanfälle, normalerweise Paracetamol oder entzündungshemmende Medikamente. Allerdings reichen diese Schmerzmittel nicht immer aus. In einigen Fällen wirken auch Triptane ganz gut. Sie können die Symptome lindern oder sogar die Krise abschwächen. Je früher ein Migräneanfall behan- delt wird, desto wirksamer sind die Medikamente.
 Kann man Migräne vorbeugen?
Bei starken und häufigen Migräneanfällen (mehr als zwei Tage im Monat) kann eine medikamentöse Behandlung als vorbeu- gende Maßnahme in Betracht gezogen werden. Im Allgemeinen empfiehlt der Arzt die Einnahme eines Betablockers (sofern nicht kontraindiziert), bestimmter Antiepileptika oder anderer Mittel. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass die Medikamente täglich eingenommen werden müssen. Einigen Menschen hel- fen auch Entspannungstechniken. Regelmäßige Bewegung reduziert das Auftreten von Migräneanfällen.

Warum ist es sinnvoll, ein
„Migräne-Tagebuch” zu führen? 
Das Führen eines „Migräne-Tagebuchs“ hilft oft, individuelle Auslöser zu identifizieren. Es ist dann möglich, sie zu vermeiden. Zu diesen Faktoren gehören: Alkoholkonsum, Mononatrium- glutamat (E62, Geschmacksverstärker in vielen industriellen Lebensmitteln), Lichteinwirkung, starke Gerüche, unzureichen- der oder übermäßiger Schlaf, Stress oder, im Gegenteil, das Ver- schwinden von Stress, Änderungen in den Zeitplänen und im Lebensstil, bei Frauen die Periode. Das „Migräne-Tagebuch“ ermöglicht es auch, die Einnahme von Analgetika (Schmerzmit- teln) zu erfassen und damit deren Verzehr einzuschätzen.
 Achtung 
Wenn Sie mehr als 10 bis 14 Tage im Monat Schmerzmittel ein- nehmen, um Kopfschmerzen zu lindern, suchen Sie Ihren Arzt auf. Paradoxerweise kann der Missbrauch dieser Medikamente Kopfschmerzen verursachen und sie verschlimmern.
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Einige Vorurteile über Migräne halten sich hartnäckig. Dr. med. Marianne de Tourtchaninoff, Neurologin, an der Uniklinik Saint Luc in Brüssel meint hierzu: „Migräne galt lange als Frauen- krankheit. Manche denken das heute noch. Migräne stellt die Menschen vor große Probleme: Sie verpassen einen Arbeitstag, im folgenden Monat beginnt es von vorne.... Die Angst vor einer möglichen Entlassung setzt ein. Ich halte Migräne für ein phy- siologisches Phänomen. Sie ist ein Alarmsignal, das das Gehirn sendet, wenn es erschöpft ist und uns zur Ruhe zwingt. Aber aus diesem Alarmsignal können chronische Schmerzen entste- hen. Das Schmerz-Alarmsignal ist sehr nützlich, es signalisiert, dass der Körper in Gefahr ist. Aber wenn der Schmerz chronisch wird, ist er kein Alarmsignal mehr. In diesem Fall kann es hilfreich sein, einen Psychotherapeuten oder Psychiater aufzusuchen“.
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Gut zu wissen
Auf ungefähr drei Frauen mit Migräne kommt ein Mann. Anfälle können bereits in der Kindheit oder Jugend beginnen. Bei Migräne-Eltern erhöht sich das Risiko, an dieser Erkrankung zu leiden.


































































































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